ARCHIV_LANGER ATEM

Langer Atem steht als Metapher für eine mit Beharrlichkeit und Ausdauer betriebene Forschung, die ihren Fokus auf soziale und kommunikative Prozesse richtet. KünstlerInnen, die mit ihrer Arbeit künstlerische Forschung betreiben und WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Fachgebieten soll in der Reihe "Langer Atem" die Gelegenheit gegeben werden sich im Heidelberger Kunstverein auszutauschen und dem Publikum unterschiedliche Strategien und Interessen von Forschung vorzustellen.



Mittwoch 21.5. | 19 Uhr | Langer Atem #9

Global Village - World Class City:
Urbanisierung und Nostalgie in Dubai und Delhi 


Prof. Dr. Christiane Brosius im Gespräch mit Sophie-Therese Trenka-Dalton

Die Metropolen des Globalen Südens - von Istanbul bis Kuala Lumpur, von Dubai bis Delhi - boomen und scheinen eine universelle Sprache von neuem Kapital, atemberaubendem Fortschritt und Wohlstand zu sprechen. Die Selbstinszenierung der neuen, kosmopolitischen Elite manifestiert sich im eklektischen Überblenden internationaler Referenzen und "nostalgischen Traditionsvorstellungen" in Architektur und Kultur und lässt eine Ästhetik entstehen, welche die Welt als Miniatur zur Schau stellt und als utopisches, exklusives Erlebnis inszeniert. 

Die Künstlerin Sophie-Therese Trenka-Dalton - deren Arbeit "Dubailand" im Herbst im Heidelberger Kunstverein gezeigt wird - und die Ethnologin Christiane Brosius, die zu Urbanisierung und Medien in Südasien forscht, diskutieren urbane Erlebniswelten sowie Machträume in den Golfstaaten und Indien und schauen sich die Darstellung von "Global Villages" an, die einerseits Weltklasse suggerieren, andererseits lokalspezifische Besonderheiten betonen. Es ist ein Blick vor und hinter die Kulissen der "Backdrop-Architektur" von Themenparks, Heritage Villages und Gated Communities - pendelnd zwischen Monument und Model. Das Gespräch wird zudem die Austauschprozesse zwischen den Golfstaaten und Südasien thematisieren und der Frage nachgehen, wie jenseits medialer Klischeebilder eine differenzierte Wahrnehmung und Kritik zu Vorstellungen und Alltagswelten von Globalität entwickelt werden können.

Sophie-Therese Trenka-Dalton (geb. 1979 in Berlin) befasst sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit Architektur als Visualisierung kultureller Aneignungsprozesse. Aktuell arbeitet sie an dem Projekt "Dubailand" über Kulissenarchitektur und Performing Heritage in den Vereinten Arabischen Emiraten.

Prof. Dr. Christiane Brosius (ge. 1966 in Frankfurt a.M.) ist Professorin am Lehrstuhl für Visuelle und Medienethnologie am Heidelberger Zentrum für Transkulturelle Studien. Sie forscht über den Wandel städtischen Raums im heutigen Südasien sowie zur zeitgenössischen Kunstszene und Jugendkultur in Delhi und Kathmandu.

- Kostenbeitrag: regulär 4 €, ermäßigt 2 €, Mitglieder frei


Mittwoch 11.12. | 19 Uhr | Langer Atem #8

Wie man Objekte zum Sprechen bringt - Vom Umgang mit dem Ungewissen
Antje Majewski im Gespräch mit Catrin Kost


Wie werden Objekten Bedeutungen zugesprochen? Wie kann man mit Objekten und Artefakten umgehen, deren Herkunft nicht näher bestimmbar ist?

Die Künstlerin Antje Majewski beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Herkunft und Bedeutung von Gegenständen die sie von verschiedenen Reisen mitgebracht hatte. Sieben von ihnen wurden in einem imaginären Museum versammelt und bilden den Kern der sogenannten "Gimel-Welt".

Elementarer Bestandteil ihrer Forschung ist, sich auf eine zweite "Reise" zu den Ursprungsorten der Objekte einzulassen und deren Geschichten nachzugehen, um diese "neu zum Sprechen zu bringen". Hierbei dokumentiert sie ihre Gespräche und Begegnungen, beispielsweise mit den Menschen aus dem Dorf Yang Wu Sha in Südchina, das einen großen Meteoriten besitzt oder mit dem Philosophen und Künstler Issa Samb aus Dakar im Senegal.

Vertreter aus unterschiedlichen Fachrichtungen wie der Kunstgeschichte, der Ethnologie, der Archäologie und Museumswissenschaft bieten unterschiedliche Lesarten von Artefakten an. An diesem Abend wird Antje Majewski mit Catrin Kost über Methoden und Möglichkeiten der Objektinterpretation diskutieren.

Antje Majewski ist Künstlerin. Sie studierte Kunstgeschichte, Neuere Geschichte und Philosophie in Köln, Florenz und Berlin. Seit 2011 ist sie Professorin für Malerei an der Muthesius Kunsthochschule Kiel.

Dr. des. Catrin Kost ist Archäologin. Sie studierte Sinologie, Kunst und Archäologie Chinas sowie Vor- und Frühgeschichte. In ihrer Dissertation beschäftigte sie sich mit dem Aussagepotential von figürlichen Darstellungen aus nicht-schriftführenden Gruppen der nordchinesischen Steppe (5.-1.Jh.v.Cr.) Derzeit ist sie wissenschaftliche Assistentin am Institut für Kunstgeschichte Ostasiens, Heidelberg.

 

Mittwoch 24.7. | 19 Uhr | Langer Atem #7

"Projektion, Sublimination, solution "

 

Sarah Schönfeld und Rolf Verres

Was haben chemische Substanzen mit der Seele zu tun und wieso sieht Koffein so aus, wie es sich anfühlt? Die Künstlerin Sarah Schönfeld und der Psychologe Rolf Verres werden ausgehend von Schönfelds Arbeit "All you can feel" den Zusammenhang zwischen Alchemie, Pharmazie, Fotografie und Psychologie diskutieren.

"All you can feel" ist eine humorvoll alchemistische Fotoserie, in der die Künstlerin verschiedene Substanzen von Partydrogen über Psychopharmaka bis hin zu körpereigenen Neurotransmittern auf Fotonegative geträufelt und das Ergebnis dieser chemischen Reaktionen dann fotografisch ausbelichtet hat. Dabei sind erstaunliche Bilder entstanden, die Planeten, Kristallen, Landschaften und Embryos ähneln.

Im 7. Langen Atem werden diese ,alchemistischen Denkbilder' interpretiert und mit dem Konzept des chemischen Selbst der heutigen Konsumgesellschaft verbunden.

Sarah Schönfeld bedient sich in ihrer Arbeit hauptsächlich der Fotografie, wobei sie sich vor allem in den Grenzbereichen zu Zeichnung, Malerei, Film und Performance bewegt.

Prof. Dr. med. Rolf Verres ist Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Ordinarius und Ärztlicher Direktor des Institutes für Medizinische Psychologie im Zentrum für Psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Heidelberg.



Mittwoch 22.5. | 19 Uhr | Langer Atem #6

"Der Zeit enthoben - im Raum verankert"

 

Ulrike Mohr, Künstlerin und Justus Weiß, Ethnobotaniker

Für den sechsten "Langen Atem" werden sich die Künstlerin Ulrike Mohr und der Ethnobotaniker Justus Weiß mit einem zentralen Arbeitsmaterial der Künstlerin auseinandersetzen: Kohle. Die Kohle ist uns durch seine verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten bekannt: als Wärmequelle, Energieträger und künstlerisches Material. Wenn Ulrike Mohr ganze Bäume zu Kohle transformiert und diese neu zusammenfügt, friert sie die Zeit nicht nur ein, sondern konserviert sie für die Ewigkeit. Ziel des Dialogs wird es sein, dicht an der Substanz und den Arbeiten der Künstlerin ein transdisziplinäres Tableau der Kohle zu komponieren.

Ulrike Mohr lebt und arbeitet in Berlin. Ihre prozessorientierten Arbeiten nehmen im öffentlichen Raum ihren Ausgangspunkt und funktionieren über kritische Beobachtung, strukturierende Vermessung oder auch über die Einführung anderer Ordnungssysteme. Zahlreiche Ausstellungen und Beteiligungen, u.a. 5. Berlin Biennale. Sie erhielt das Istanbul-Stipendium des Berliner Senats sowie das Arbeitsstipendium und die Katalogförderung des Kunstfonds Bonn.

Justus Weiß (M.A.) Forschungsinteresse gilt der Verbindung von unterschiedlichen Wissensräumen, um so ein transdisziplinäres Verständnis für Pflanzen, Natursubstanzen und die mit ihnen verbundenen Prozesse zu erarbeiten.



Mittwoch 20. März 2013| 19 Uhr | Langer Atem #5

Symbolisches Kapital

 

Lena Inken Schaefer, Künstlerin, und Diamantis Panagiotopoulos, Direktor des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg sowie Mitglied des Clusters "Asia and Europe in a Global Context"

Die Künstlerin Lena Inken Schaefer und der Archäologe Diamantis Panagiotopoulos werden über Wertsysteme und deren Abstraktion sprechen, indem sie gemeinsam nach Verbindungen zwischen frühen Geldformen und noch heute gebräuchlichen Traditionen des symbolischen Austauschs suchen. Hierfür wird der Ausgangspunkt eine Werkserie Lena Inken Schaefers sein, in der sie die Ge-stalt von Papiergeld akribisch untersucht. Sie vergrößert hier einzelne Ausschnitte und kopiert Details daraus immer wieder per Hand. Dabei nimmt sie spontane Ab-weichungen vom Original in Kauf; es entstehen trans-formierte, re-individualisierte Unikate. Die Herkunft der Motive - einst für ein bestimmtes Land oder einen Wirtschaftsraum festgelegte Symbolik und Verschlüssel-ung - ist somit nicht mehr erkennbar und wird durch künstlerische Herangehensweisen ersetzt.

Diamantis Panagiotopoulos forscht u.a. zu institutionalisierten Formen des Gebens, Abgaben an den Kult sowie symbolischem Kapital in vormodernen Kulturen. Welche Parallelen können zwischen der vorgestellten künstler-ischen Praxis und den Beispielen aus der Kultur-geschichte gezogen werden, gibt es Gemeinsamkeiten und was sind die Unterschiede? Können neue Werte ge-neriert werden und welche Bedeutung hat hier die Zeit? Diese und andere Fragen werden gemeinsam erörtert.


Mittwoch 16. Januar 2013| 19 Uhr | Langer Atem #4

"ist sprache gewalt - doch wer sind dann die täter?"

 

Maja Linke, Künstlerin und Dr. Marcus Müller, Germanistisches Institut der Universität Heidelberg

Die Künstlerin Maja Linke und der Sprachwissenschaftler Marcus Müller untersuchen den Zusammenhang von Sprache und Gewalt. Sie nähern sich dem Gegenstand in einem Dialog, der das Sprechen und Zeigen sowohl aus der Perspektive der Linguistik als auch aus der künstlerischen Forschung beinhaltet. Die künstlerische Praxis legt dabei die Materialität des verletzenden Sprechens frei und fragt nach den Bedingungen einer gewaltlosen Kritik. Dagegen versucht die wissenschaftliche Analyse, sich dem Thema mit der Gegengewalt von maschineller Sprachverarbeitung und der Skelettierung von Sprache zu nähern. Auf diese Weise wollen Maja Linke und Marcus Müller den Dimensionen sprachlicher Machtausübung vom Wort bis zum Diskurs nachspüren und die Möglichkeiten kritischer Text- und Bildpraxis ausloten.

Dr. Marcus Müller, Universität Heidelberg, forscht über den Zusammenhang von Sprache, Wissen und Gesellschaft. Besonders interessiert er sich für die Funktionen grammatischer Muster in Diskursen, z.B. als Index der Inklusion und Exklusion sozialer Gruppen. Maja Linke beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Arbeit vor allem mit der Konstruktion und Vermittlung sprachlicher und visueller Stereotypen, aber auch mit dem Potential von Sprache und Bildern, Wirklichkeiten zu bilden.

 

 

 



Mittwoch 31. Oktober | 19 Uhr | Langer Atem #3

"Wege und bahnen "

 


Judith Raum, Künstlerin und Prof. Dr. Michael Ursinus, Universität Heidelberg

Die Künstlerin Judith Raum und der Islamwissenschaftler und Osmanist Prof. Dr. Michael Ursinus werden gemeinsam danach fragen, wie sich ökonomistisches Denken in der materiellen Welt artikuliert und wie sich abweichende Lebensentwürfe darstellen, aufzeichnen und repräsentieren lassen. Judith Raum untersucht in ihrer künstlerischen Arbeit individuellen Handlungsräume, die angesichts ökonomischer oder territorialer Machtansprüche eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Ende des 19. Jhs erteilte das Osmanische Reich an die Deutsche Bank die Konzession zum Bau der Anatolischen Eisenbahn und später zum Ausbau der Linie Richtung Bagdad. Judith Raum hat in Archiven und auf Reisen durch die Türkei Spuren der >Bagdadbahner< und deutscher Unternehmer in Anatolien gesammelt. Vorwiegend dokumentiert sie Momente, in denen das importierte deutsche Material und die neuen Strukturen von der lokalen Bevölkerung individuell umfunktioniert werden. Prof. Ursinus arbeitet zur osmanischen Verwaltung, staatlichen Moderni- sierung und Pressegeschichte im 19. Jahrhundert. Er kann Leerstellen ergänzen, auf welche die Künstlerin in ihrer Recherche stieß und wird von Stimmen aus der nomadischen Stammesaristokratie berichten. Judith Raum wird auf diese mit Archivmaterialien und Reisefotografien reagieren.Gemeinsam entwerfen sie ein Bild, das auch die Frage danach stellt, wie Künstler und Wissenschaftler Material, Quellen und Texte verwenden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Sophie-Therese Trenka-Dalton:
"India Pavilion at Global Village, Dubailand", 2014

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Antje Majewski: "Fliegender Stein", Digitalbild, 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sarah Schönfeld, "All you can feel, Koffein", C-Print, 2013
Courtesy Sarah Schönfeld und FELDBUSCHWIESNER, Berlin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ulrike Mohr, Minneapolis Black", Katherine E. Nash Gallery, Minneapolis 2012, Foto: Rik Sferra

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Lena Inken Schaefer , "o.T.", 2012

 

 

 

 

 


Maja Linke, "Kippende Feedbackschleife", 2008-2012


 

 



Judith Raum, Vezirhan, 2012

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