AUSSTELLUNG


Ausstellungen vom 18. Juni bis 28. August 2016:
Eröffnung der Ausstellung am Freitag, 17.6. um 19 Uhr


Halle/EMPORE:
›with / against the flow.
Zeitgenössische fotografische Interventionen‹

#1 Viktoria Binschtok
#2 Michael Schäfer

Kuratiert von Florian Ebner und Christin Müller

Welches Potenzial birgt unser sich permanent verändernder Umgang mit Fotografie? Welche Möglichkeiten bringen die neuen Formate der visuellen Kommunikation mit sich? Wie lassen sich dokumentarische Arbeitsweisen mit Eingriffen ins Bild verbinden? Oder ganz allgemein: Was zeichnet die zeitgenössische künstlerische Fotografie aus?
Dies sind die zentralen Fragen der neuen Ausstellungsreihe ›with / against the flow. Zeitgenössische fotografische Interventionen‹, die vom ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) initiiert wurde. Zum Auftakt der Reihe sind vom 17. Juni bis 28. August in einer Doppelausstellung Arbeiten von Viktoria Binschtok und Michael Schäfer im Heidelberger Kunstverein zu sehen. Ende 2016 geht die Ausstellung auf eine mehrjährige Welttournee, die im Georgian National Museum, Tiflis, startet.
Viktoria Binschtok und Michael Schäfer lösen Medienbilder aus ihren Kontexten, kombinieren sie mit eigenen Fotografien und reflektieren so deren Funktionsweisen sowie in den Bildern angelegte Rezeptionsstrukturen. Gleichzeitig blicken sie auf die sich anbahnende Autonomie von Bildern in einer zukünftigen Herrschaft digitaler Algorithmen. Mit dieser Arbeitsweise stehen Binschtok und Schäfer in der Tradition des künstlerischen Interesses an den Massenmedien der 1970er-Jahre und repräsentieren eine jüngere Generation von Künstlern, die das Fotografische und Dokumentarische neu befragen.
In ihren Arbeiten verbindet Viktoria Binschtok die reale Welt der Straße mit den Kanälen des digitalen Dorfes. Sie führt uns vor Augen, wie sehr mediale Bilder nicht mehr nur unsere Welt abbilden als vielmehr eine eigene erschaffen. Immer wieder findet die Fotografin Konstellationen von Bild und Wirklichkeit, die Einblicke in die Paradoxien und Verwerfungen neuer Bild-Ordnungen geben, die vermehrt mathematischen und ökonomischen Prinzipien folgen. Das Zufällige dieser Bildformate macht sich die Künstlerin zu Nutze, um deren Potenzial spielerisch herauszufordern.
Michael Schäfer analysiert in seinen Arbeiten Nachrichten- und Unterhaltungsbilder aus den klassischen Printmedien ebenso wie Amateurvideos auf Youtube. Der Blick des Künstlers reibt sich an der Überdeterminierung von Medienbildern, ihrem Überschuss an Bedeutung, die den Betrachtern eine historisch politische Konstellation als fertige Interpretation förmlich vorsetzt. Aus solchen gefundenen Bildern entfernt Michael Schäfer u. a. die Gesichter der eigentlichen Protagonisten und ersetzt diese durch eigene Aufnahmen von Schauspielern. Dabei treffen Druckpunkte oder Pixel auf die hyperscharfen Bildfragmente des Künstlers. Dieser dekonstruierende Umgang mit Fotografie ist eine Form der künstlerischen Aneignung und Einverleibung von Bildern.

Viktoria Binschtok (* 1972, Moskau) lebt in Berlin. Sie hat künstlerische Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studiert. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen national und international präsentiert, u. a. bei C / O Berlin, im Kunstverein Göttingen, Centre Pompidou Metz, Kunsthalle im Lipsiusbau Dresden, Arts Santa Mònica Barcelona, Frankfurter Kunstverein, Les Rencontres d’Arles.

Michael Schäfer (*1964, Sigmaringen) lebt in Berlin. Er hat Fotodesign an der FH Dortmund sowie Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig studiert. Schäfers Arbeiten wurden u. a. im Kunstverein Konstanz, bei Zephyr in Mannheim und im Kunstverein Leipzig gezeigt. Darüber hinaus waren sie in zahlreichen Gruppenausstellungen zu sehen, bspw. im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, bei C / O Berlin, im Fotohof Salzburg und im Centre de la Photographie Genf.

Kuratiert wird ›with / against the flow‹ von Florian Ebner, Leiter der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang, Essen, und Christin Müller, freie Kuratorin und Autorin, Leipzig.

Eine Ausstellung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen)

 

 

Studio:
›Beyond Documentation‹

Leiko Ikemura, Tadasu Takamine, Susan Turcot

Kuratiert von Dr. Miya Yoshida

Seit der Katastrophe von Fukushima am 3. März 2011 werden Vermessungen im gigantischen Ausmaß vorgenommen, um sowohl die Einflüsse der Ereignisse auf die Gegenwart als auch Risikowahrscheinlichkeiten für die Zukunft kalkulieren zu können. Während Messwerte eine Realität aus einer bestimmten wissenschaftlichen Perspektive zeichnen, stellt ein poetischer Blick andere Sichtweisen auf Raum-Zeit-Konstellationen her. Denn poetische Vorstellungsweisen ermöglichen es uns, Dinge und Gegebenheiten in einer anderen Taktung oder Skala wahrzunehmen. Sie bieten an, uns von ihnen ebenso leiten zu lassen wie von hochentwickelten Technologien und deren spezifischen Maßeinheiten.
›Sharing as Caring 5: Beyond Documentation‹ zeigt eine Zusammenstellung von Arbeiten von Leiko Ikemura, Tadasu Takamine und Susan Turcot, die in ihrer künstlerischen Praxis die gegenwärtige Situation aus einer poetischen Perspektive beleuchten und uns so subtile Bildwelten der Geschehnisse in Fukushima und ihrer Auswirkungen jenseits des Dokumentarischen eröffnen.
Die japanische Künstlerin Leiko Ikemura präsentiert mit ›Genesis und Tokaido‹ (2014) großformatige Gemälde von imaginären Landschaften, die seit den verheerenden Ereignissen in Fukushima nach und nach in ihrer Vorstellung Gestalt annahmen. Als eine Art Widerhall der Bilder verkörpert die figurative Keramik ›Memento Mori‹ (2012) Stille, Leid, Schmerz und Abwesenheit. Ausgehend von seinen Recherchen in den japanischen Städten Mito, Kyoto und Shimonoseki bringt Tadasu Takamine mit seiner Performance ›Japan Syndrom‹ (2012) Gespräche zwischen unterschiedlichen Verkäufern und deren Kunden in einem Reenactment auf die Bühne. Im Stil einer minimalistischen Ästhetik spielen junge Schauspieler die Gespräche nach. Anhand von Gesten und Sprache wird in vielschichtiges Bild geformt, das die feinen Nuancen des alltäglichen Umgangs mit dem unsichtbaren Feind Radioaktivität erfahrbar werden lässt. Susan Turcot hat für die Ausstellung eine neue, ortsspezifische Arbeit entwickelt. Turcot, deren Arbeiten sich mit der Zerstörung der Natur durch den Menschen befassen, nimmt den ›Heilungsversuch‹ eines japanischen Mönchs zum Ausgangspunkt für ihre Skulptur ›Himawari‹ (2016). Durch das Pflanzen gigantischer Sonnenblumenfelder soll die radioaktive Kontamination des Bodens rund um Fukushima neutralisiert werden. In Auseinandersetzung mit der Architektur des Kunstvereins lässt Turcot eine abstrahierte Sonnenblume kopfüber von der Decke hängen. Den Widerspruch in der Idee eines Atomkraftwerkes als Modell der lebenserhaltenden Sonne und der gleichzeitigen menschengemachten Katastrophe nimmt die Künstlerin in ihrer Installation auf.
Das Vermögen des Poetischen ist politisch – und so widmet sich die Ausstellung ›Beyond Documentation‹ der Herausforderung, die ›Aufteilung des Sinnlichen‹ (Jacques Rancière) mitzugestalten – nicht durch Akkumulation von Information, sondern durch eine Loslösung der Bilder aus dem Bereich des Argumentativen und Dokumentarischen.

›Beyond Documentation‹ ist der fünfte und letzte Teil der Ausstellungsreihe ›Sharing as Caring‹ im Heidelberger Kunstverein. ›Sharing as Caring‹ ist ein kuratorisches Projekt von Dr. Miya Yoshida. Die Ausstellungsreihe startete 2012 und endet 2016 im Heidelberger Kunstverein.

 

 

 

 

 

 

Michael Schäfer: ›Auch das geht vorbei‹, 2010,
C-Print auf Alu Dibond, 111 × 135 cm

 

 

 

Viktoria Binschtok: ›Intro (Singles), Sitting Workers‹, 2011 / 12,
aus ›World of Details‹, Inkjet-Print, 18 × 26 cm

 

 

Viktoria Binschtok: Ohne Titel, 2007,
aus ›Three People on the Phone‹, Siebdruck, 70 × 100 cm

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tadasu Takamine: ›Japan Syndrom‹, 2012, Filmstill

 

 

 

Leiko Ikemura: ›after dark‹, 2014,
Pigment und Öl auf Jute, 290 × 190 cm

 

Heidelberger Kunstverein
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Postanschrift | Heidelberger Kunstverein | Bauamtsgasse 3 I D-69117 Heidelberg
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